Im Mai dieses Jahres wurde der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung veröffentlicht. Nachdem bereits seit 2022 elektronische Urkunden im Rahmen der notariellen Online-Verfahren im Gesellschaftsrecht errichtet werden können, soll es diese Möglichkeit künftig auch im Präsenzverfahren – also bei Anwesenheit der Beteiligten im Notarbüro – geben. So lassen sich Digitalisierungslücken schließen, Medienbrüche vermeiden und Notarbüros, Gerichte und weitere Stellen entlasten.
Abbau von Medienbrüchen
Notarielle Urkunden werden bereits seit dem Jahr 2007 für den elektronischen Rechtsverkehr digitalisiert und seit dem Jahr 2022 im Elektronischen Urkundenarchiv digital verwahrt. Das führt jedoch dazu, dass die Papierurkunden nach der notariellen Beurkundungsverhandlung eingescannt werden müssen. Wegen der hohen Sicherheitsstandards ist das kein ganz einfaches Verfahren – das Scannen ist also nicht nur zeit- und arbeitsintensiv, sondern enthält auch aufwendige Medientransfers. Nachdem im Anwendungsbereich der notariellen Online-Verfahren zB für Gesellschaftsgründungen bereits seit dem Jahr 2022 elektronische Urkunden errichtet werden können, soll diese Möglichkeit künftig auch im bewährten Präsenzverfahren, also bei Anwesenheit der Vertragsteile im Notarbüro, eingeführt werden. Die so digital errichteten Urkunden können anschließend ohne Scannen in die elektronische Urkundensammlung eingestellt und an die Registergerichte oder die Grundbuchämter für den weiteren Vollzug verschickt werden.
Praktische Umsetzung
Im Ablauf des Beurkundungsverfahrens ändert sich hier vor allem der Vorgang des Unterschreibens selbst durch die Beteiligten und den Notar. Die Beurkundung findet also hingegen weiterhin in Präsenz statt, die Unterschrift der Beteiligten erfolgt aber vor dem Notar eigenhändig nicht mehr auf Papier, sondern auf einem Unterschriftenpad. Der Notar signiert danach und erzeugt damit die elektronische Urkunde. Der bewährte Akt der eigenhändigen Unterschrift als Ausdruck der Genehmigung des Inhalts der Urkunde wird durch dieses Verfahren also in die elektronische Welt übertragen. Grundsätzlich darf der Notar entscheiden, ob eine elektronische oder eine klassische Urkunde in Papierform geschaffen wird.
Bereitstellung eines Signatursystems durch die Bundesnotarkammer
Technisch wird die Einführung der elektronischen Präsenzurkunde durch die Bundesnotarkammer betreut, die den Notarinnen und Notaren auch die erforderliche Signaturanwendung bereitstellt. Damit ist sichergestellt, dass die erforderliche Softwareausstattung flächendeckend und unkompliziert zur Verfügung steht. Die Bundesnotarkammer hat hierzu bereits erfolgreich einen Prototyp entwickelt, mit dem das elektronische Beurkundungsverfahren in Präsenz erprobt wird.
Bedeutung auch über den notariellen Bereich hinaus
Mit der Einführung der elektronischen Präsenzbeurkundung sollen aber auch andere Urkundenstellen, wie zum Beispiel die Nachlassgerichte, digitale Urkunden erstellen können. Damit trägt die Einführung elektronischer Urkunden auch wesentlich zur Digitalisierung der Justiz bei und hat somit hohe Bedeutung auch über den notariellen Bereich hinaus. Denn durch die elektronische Urkunde werden auch in den Gerichten Medienbrüche vermieden und der weitere Ausbau der E-Akte beschleunigt.
Digitalisierung der Kommunikation zwischen Notariat und Behörden
Neben der Einführung der elektronischen Präsenzurkunde strebt die Bundesnotarkammer mit weiteren Vorhaben eine umfassende Digitalisierung des Notariats an. Beispielsweise soll mit dem Projekt „elektronischer Notar-Verwaltungsaustausch“ – kurz eNoVA – künftig die im Zuge der Abwicklung von Immobilienverträgen stattfindende Kommunikation der Notarbüros mit öffentlichen Stellen vollumfänglich digitalisiert werden. Zur Umsetzung des elektronischen Vollzugs bietet eNoVA in seiner ersten Ausbaustufe seit dem Frühjahr 2024 die Möglichkeit zur Übermittlung von Mitteilungen an die Gutachterausschüsse an. Perspektivisch werden in zeitlich versetzen Stufen weitere Vollzugsschritte, insbesondere die steuerlichen Mitteilungspflichten samt Einholung der Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Finanzamt sowie die Einholung behördlicher Genehmigungen und Vorkaufsrechtsanfragen digitalisiert und in eNoVA eingebunden. Notarinnen und Notare haben dann die Möglichkeit, vollständig papierlos zu arbeiten.
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