Onlinedienste versprechen die Erstellung eines individuellen Testaments innerhalb weniger Minuten. Hierzu müssen sich Nutzer lediglich durch einen Fragebogen klicken und erhalten am Ende ein fertiges Muster-Testament. Dabei sollten sie das Wichtigste nicht aus den Augen verlieren: Damit das Testament auch wirksam ist, reicht es nicht, das Dokument auszudrucken und zu unterschreiben. Handelt es sich nicht um ein notarielles Testament, muss alles handschriftlich niedergeschrieben und anschließend unterschrieben werden.
In wenigen Klicks zum Testament
Das ausgeworfene Muster einfach abzuschreiben, hat allerdings auch seine Tücken. Für sehr einfach gelagerte Fälle mag dies eine Option sein. Oft wissen die betroffenen Personen aber gar nicht, wie komplex ihr Fall ist und wo mögliche Fallstricke lauern können. Häufig kommt dann später das böse Erwachen.
„One size fits all“ – bitte nicht beim „letzten Willen“!
Nicht nur bei Patchworkfamilien, großen Vermögen oder Verbindungen ins Ausland lohnt sich ein Beratungsgespräch. Schon beim klassischen Berliner Testament zwischen Eheleuten stellen sich Fragen, die in Standardformularen kaum abzubilden sind. Die vermeintlich einfache Frage, ob und ggf. inwieweit ein Ehegatte nach dem Tode des anderen das Testament noch ändern kann, z.B. weil er sich mit den Kindern zerstreitet, ist nur ein Beispiel von vielen. Aufgrund unbedachter Formulierungen sind Eheleute vielfach nach dem Tod des Partners unwiderruflich an das Testament gebunden und können nicht auf Veränderungen reagieren. Selbst wenn man hier eine eigene Meinung hat, ist es sinnvoll, diese mit einem Experten zu besprechen und gemeinsam zu hinterfragen. Auch können die Onlinedienste nicht im gleichen Umfang über rechtliche Begrifflichkeiten aufklären. Letztendlich lässt sich nur mit einer persönlichen Beratung klären, ob das Angeklickte wirklich dem Gewollten entspricht und auch tatsächlich sinnvoll ist. Eine Vor- und Nacherbfolge zum Beispiel kann im ersten Moment sehr reizvoll klingen. Welche Konsequenzen sie aber haben kann, gerade wenn Immobilien zur Erbschaft gehören, ist den Beteiligten meist nicht klar.
Beratung inklusive
Automatisch erstellte Testamente können einen ersten Eindruck vermitteln, über welche Fragen sie sich Gedanken machen sollten. Der letzte Wille ist jedoch eine sehr individuelle Angelegenheit. Jeder Mandant hat eigene, individuelle Vorstellungen, jede Familie und jeder Fall ist anders. Vor der Übernahme eines Muster-Testaments empfiehlt sich daher stets ein Beratungsgespräch mit Ihrem Notar.
Kommt es später zur Beurkundung des Testaments, fallen für die Beratung keine zusätzlichen Kosten an. Übrigens: Im Ergebnis können Online-Testamente letztendlich sogar teurer und aufwändiger sein als ein notarielles Testament. Denn nach dem Tod brauchen die Erben einen Erbschein, was mit einem hohen Kosten- und Zeitaufwand verbunden sein kann. Ein eindeutiges notarielles Testament kann nicht nur Streit vermeiden und rechtssichere Löschungen schaffen, sondern ersetzt auch den Erbschein, bei Ehegatten sogar für beide Todesfälle. In vielen Fällen ist ein notarielles Testament dabei günstiger als ein Erbschein.
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